Vorstellungen der CDU/CSU in Sachen Finanzierung sind hanebüchener Unsinn

Auch die CDU-Spitze, die genau weiß, wie schlecht es auf Jahre um die Staatsfinanzen bestellt ist, tritt weiterhin für massive Steuersenkungen in der kommenden Legislaturperiode ein. Das hat der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, in seinem heutigen Interview mit der Bild-Zeitung noch einmal deutlich gemacht. Die auch heute wieder von Kauder vorgetragene Antwort der CDU/CSU auf die Frage, wie angesichts des Schuldenbergs bei Bund, Ländern und Gemeinden die versprochenen Steuersenkungen finanziert werden sollen, ist und bleibt hanebüchener Unsinn. Diese Antwort soll nur dazu dienen, die Bürgerinnen und Bürger zu beschwichtigen und die Wähler in dieser essenziellen Frage einzulullen.

Wenn man Kauder beim Wort nimmt, macht er folgende Rechnung auf: Die CDU/CSU will durch ihre Politik das Wirtschaftswachstum in Deutschland und damit die Steuereinnahmen des Staates in den kommenden Jahren so weit – und das ist das Entscheidende – über die bisherigen Einschätzungen und Projektionen der Bundesregierung und der offiziellen Steuerschätzer hinaus steigern, dass im Wachstumsprozess genügend neue Finanzierungsmasse entsteht, um sowohl die Neuverschuldung des Staates zu senken, die versprochenen Steuersenkungen zu finanzieren und auch noch öffentliche Investitionen in erheblichem zusätzlichen Umfang durchzuführen. Die nach Vorstellung der CDU/CSU durch ihre Politik zusätzlich entstehenden Mehreinnahmen sollen jeweils zu einem Drittel in diese drei Verwendungen fließen.

Schätzt man konservativ, dass die Steuersenkungsversprechen aus dem CDU/CSU-Wahlprogramm zu Steuermindereinnahmen des Staates von etwa 20 Milliarden Euro je Jahr führen, dann heißt das, dass gemäß CDU/CSU in der Spitze etwa 60 Milliarden Euro jährlich an Steuermehreinnahmen aus gesteigertem Wirtschaftswachstum generiert werden sollen. Nehmen wir wieder großzügig an, dass die Steuerquote, das heißt der Anteil der Steuereinnahmen am Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) etwa 25 Prozent betragen würde (Steuerquote zur Zeit etwa 22 Prozent), dann stellt die CDU/CSU einen zusätzlichen jährlichen BIP-Aufwuchs von mehr als 200 Milliarden Euro in Aussicht – und das gegenüber den bisherigen Regierungseinschätzungen, die bereits von einem Anstieg des nominalen BIP in den Jahren 2011 bis 2013 von durchschnittlich 3 ¼ Prozent pro Jahr ausgehen (Finanzbericht 2010 – S. 84).

In ihrer aktuellen mittelfristigen Projektion (und in ihrem jetzt erschienenen aktuellen Finanzbericht 2010) erwartet die Bundesregierung von 2008 bis 2013 mit diesen 3 ¼ Prozent insgesamt einen absoluten BIP-Anstieg von nicht mehr als etwa 150 Milliarden Euro – und das für insgesamt fünf Jahre.

Der weit höhere BIP-Anstieg, den die CDU/CSU für ihre Steuersenkungspläne und alles andere braucht und den sie als Ergebnis ihrer „Wachstumsstrategie“ in Aussicht stellt, wird sich nie und nimmer einstellen. Zumindest ist das die Position aller ernst zu nehmenden Wirtschaftsexperten.

Die Finanzierungsvorstellungen der CDU/CSU sind damit hanebüchener Unsinn und reine Augenwischerei.

Es bleibt dabei: Wenn die Steuersenkungen, die CDU/CSU und FDP vorhaben, Realität würden, hätten wir eine weitflächige Erosion der Staatseinnahmen. Ein massiver Abbau von Sozialabgaben, von Ausgaben zum Beispiel für Bildung und Forschung ließe sich nicht mehr vermeiden.

Diese Politik muss verhindert werden.

(Joachim Poß, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, zu den heutigen Äußerungen des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder zur versprochenen CDU/CSU-Steuerpolitik.

Quelle: SPD-Bundestagsfraktion)