Zum Kabinettsbeschluss über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes erklären die arbeits- und sozialpolitische Sprecherin Anette Kramme und der zuständige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion Gerold Reichenbach:
Nach dem Gesetzentwurf der Koalition wären die heimlichen Überwachungspraktiken, die Lidl, die Deutsche Bahn oder Burger King letztes Jahr für ihre Beschäftigen verwendet haben, erfreulicherweise nicht mehr erlaubt, dafür können Beschäftigte jetzt um so intensiver offen und permanent überwacht werden. Das setzt sie verstärktem Leistungsdruck aus.
Es ist nicht mehr erlaubt, Beschäftigte heimlich per Video zu überwachen, Persönlichkeitsprofile von ihnen zu erstellen oder private Telefongespräche mitzuhören, wie im ursprünglichen Entwurf noch vorgesehen war. Dieser wurde entscheidend nachgebessert.
Dafür bleibt der Entwurf an anderen Stellen aber sogar hinter geltendem Recht zurück: Er erlaubt eine offen gekennzeichnete Videoüberwachung von Beschäftigten zur Qualitätskontrolle, deren permanente Ortung per GPS zur Einsatzkoordinierung und eine unbeschränkte Einsicht in dienstliche E-Mails sowie eine zeitlich beschränkte Detektivüberwachung.
Die angekündigten Lockerungen gehen damit deutlich über den Zweck der Korruptionsbekämpfung hinaus. Die Botschaft, die durch die Datenschutzskandale vermittelt wurde, dass Beschäftigte seitens ihrer Arbeitgeber größtes Misstrauen verdienen, enthält auch der Regierungsentwurf. Leistungsbereitschaft und -fähigkeit der Beschäftigten fördert eine Atmosphäre des Misstrauens nicht.
Wenn es um Korruptionsbekämpfung geht, setzen wir uns dafür ein, ein umfassendes, abgestimmtes Konzept zu erstellen, dass auch etwa Vergabepraktiken unter die Lupe nimmt und Regelungen zum Schutz für Beschäftigte schafft, die Skandale in ihrem Betrieb öffentlich machen wollen. Denn Korruption wird nicht vor allem durch abhängig Beschäftigte verübt.
Das Arbeitsverhältnis ist ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis und erfordert daher eindeutige Regelungen zum Schutz der Beschäftigten. Der Gesetzentwurf ist nicht eindeutig im Hinblick auf die Prüfmaßstäbe und Zulässigkeit der Datenerhebung. Er lässt Arbeitgebern durch Auslegung von Begriffen wie beispielsweise „erforderlich, geeignet, verhältnismäßig“ großen Spielraum und muss nachgebessert werden.
Eine eigenständige gesetzliche Regelung für Arbeitgeber und Beschäftigte sollte klare und verständliche Regelungen schaffen. Offensichtlich ist nicht die Sicherung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Beschäftigten vorrangige Zielsetzung, sondern Unternehmen eine Erlaubnis zur Nutzung von Beschäftigtendaten zur Korruptionsbekämpfung und Compliance-Überwachung zu verschaffen.
(Quelle: SPD-Fraktion)