Zum Rücktritt von Verteidigungsminister zu Guttenberg erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:
Wochenlanges Leugnen und das scheibchenweise Zugeben von „Fehlern“ haben nichts genutzt. Doch anstatt seinen Rücktritt dazu zu nutzen, endlich reinen Tisch zu machen und seine Verfehlungen offen zuzugeben, verkleidet zu Guttenberg seinen Rücktritt in eine Mischung aus Larmoyanz und angeblichem Verantwortungsbewusstsein.
Dabei wäre es die Chance für einen halbwegs überzeugenden Rücktritt gewesen. Doch selbst diese Gelegenheit ließ zu Guttenberg verstreichen und versuchte einmal mehr, sich in erster Linie als Opfer ungünstiger Umstände zu inszenieren, der sich, seine Familie und die Bundeswehr mit seinem Rücktritt aus dem Schussfeld der Kritiker nehmen wolle. Von ernsthafter Selbstkritik keine Spur.
Beschädigt sind nach diesem Drama in mehreren Akten vor allem zwei: Die Bundeskanzlerin und die Bundeswehr. Die Bundeskanzlerin, bis zur letzten Minute dem Freiherrn in Nibelungentreue ergeben, hatte ganz offensichtlich die zerstörerische Wirkung der Plagiatsaffäre auf ihre eigene Wählerklientel unterschätzt. Dass sie dabei sämtliche Grundprinzipien ihres bürgerlichen Wertekanons machttaktischen Kriterien opferte, wird man ihr so schnell nicht verzeihen. Wenn es einen Preis für politische Kurzsichtigkeit gäbe, Frau Merkel wäre die Anwärterin mit den besten Aussichten, ihn zu bekommen.
Dramatischer wiegt der angerichtete Schaden für die Bundeswehr. Zurück bleibt eine unfertige Bundeswehrreform, die bereits jetzt schwerwiegende konzeptionelle Mängel aufweist. Es ist völlig unklar, wie die notwendige Anzahl an Freiwilligen, welche die Bundeswehr Jahr für Jahr benötigt, gewonnen werden kann.
Zurück bleiben auch verunsicherte Soldatinnen und Soldaten, sowohl im Auslandseinsatz als auch im Inland, die in den zurückliegenden 14 Tagen den Eindruck gewinnen mussten, dass Werte wie Anstand, Ehre und Ehrlichkeit zwar für sie, aber offenbar nicht für ihren obersten Dienstherrn zu gelten haben.
Wer auch immer zu Guttenbergs Nachfolge antritt, er wird einen Berg ungelöster Aufgaben vorfinden. Die Sparvorgaben zu erfüllen und gleichzeitig die Bundeswehr von einer Wehrpflichtigenarmee auf eine Freiwilligenarmee umzustellen, kommt der Quadratur des Kreises gleich. Spätestens daran wäre zu Guttenberg politisch gescheitert. Das hat er offenbar erkannt und daraus jetzt verspätet die Konsequenzen gezogen.
(Quelle: SPD-Fraktion)