Thierse: CDU/CSU nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau

Gemeinsam in der Großen Koalition haben wir Änderungen beim Arbeitslosengeld I zur besseren sozialen Absicherung von Kulturschaffenden beschlossen. Es lag vor allem am Engagement von Frank-Walter Steinmeier, Franz Müntefering und Olaf Scholz, dass wir eine Verbesserung besonders für die kurz befristet beschäftigten Film- und Fernsehschaffenden noch in dieser Legislaturperiode hinbekommen haben. Bis dahin hatte die Union mit ihrer unnachgiebigen Haltung eine Lösung verhindert. Wenn das Wahlprogramm der Union jetzt behauptet, dass sie diese Änderungen „durchgesetzt“ habe, entspricht das kaum der Wahrheit. Doch das ist das bekannte Prinzip der Union in der Großen Koalition: Die SPD setzt sich inhaltlich durch, die Union setzt sich drauf und heftet den gemeinsamen Erfolg an die eigene Brust.

Dabei schreckt die Union in ihrem Wahlprogramm auch nicht vor Geschichtsverdrehung zurück: Dass die Künstlersozialversicherung „eine wichtige kulturpolitische Errungenschaft von CDU und CSU“ war, ist falsch. Es war die von Willy Brandt angeregte sozialdemokratische Neue Kulturpolitik, die 1981 zum Beschluss des Deutschen Bundestages mit den Stimmen der sozial-liberalen Regierungskoalition zur Einrichtung der Künstlersozialkasse führte. Der unionsgeführte Bundesrat stimmte dem Gesetz zunächst nicht zu. Und Helmut Kohl regierte bekanntlich erst ab Herbst 1982, kann sich also keineswegs als der Erfinder des Künstlersozialversicherungsgesetzes bezeichnen, das am 1. Januar 1983 in Kraft trat.

Kulturwahlkampf ja, im Sinne der Kultur gern – aber so nicht!

(Wolfgang Thierse, Vorsitzender des Kulturforums der Sozialdemokratie, zum Wahlprogramm der Union.

Quelle: SPD.de)