WAS ÄNDERT SICH 2022?

Mindestlohn, Renten und Steuerfreibetrag steigen, Verträge im Internet können leichter gekündigt werden und die digitale Krankschreibung kommt – im Jahr 2022 treten viele neue Regelungen in Kraft. Das Wesentliche im Überblick:

Der Mindestlohn steigt

Wer nach Mindestlohn bezahlt wird, kann sich 2022 über mehr Geld freuen. Aktuell liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 9,60 Euro pro Stunde. Im neuen Jahr steigt er gleich zweimal: Zum 1. Januar wird er auf 9,82 pro Stunde und zum 1. Juli auf 10,45 Euro pro Stunde angehoben. Zusammen bedeutet das ein Plus von fast 9 Prozent. Die neue Bundesregierung will den Mindestlohn im kommenden Jahr außerdem zügig auf 12 Euro pro Stunde erhöhen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wird bereits Anfang 2022 einen Gesetzentwurf dazu vorlegen.

Höhere Ausbildungsvergütung

Ein höherer Lohn erwartet auch viele Auszubildende. Die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr steigt von 550 Euro monatlich im Ausbildungsjahrgang 2021 auf 585 Euro brutto pro Monat im Ausbildungsjahrgang 2022. Danach erhöht sie sich wie folgt:

  • im 2. Ausbildungsjahr: plus 18 Prozent
  • im 3. Ausbildungsjahr: plus 35 Prozent
  • im 4. Ausbildungsjahr: plus 40 Prozent

Mehr Rente

Die Renten steigen zur Mitte des Jahres deutlich – und zwar um etwa 4 bis 5 Prozent. Die genauen Anpassungssätze stehen noch nicht fest.

Steuerfreibetrag steigt

Der Grundfreibetrag erhöht sich auf 9.984 Euro. Bis zu diesem Jahreseinkommen müssen Ledige keine Einkommensteuer zahlen. Für verheiratete Paare gilt der doppelte Betrag.

Höhere Regelsätze

Ab Januar erhalten auch alle, die auf Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II sowie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderungen angewiesen sind – ein bisschen – mehr Geld. Der Regelsatz für alleinstehende Erwachsene steigt um drei Euro auf 449 Euro im Monat. Die Regelsätze für Kinder und Jugendliche steigen ebenfalls.

Corona-Bonus

Noch bis zum 31. März können Beschäftigte einen Corona-Bonus von ihrem Arbeitgeber bekommen. Dabei sind Zahlungen bis zu 1.500 Euro drin – steuerfrei. Der Bonus muss zusätzlich zum Arbeitslohn gezahlt werden und soll unter anderem die zusätzliche Belastung durch die Coronakrise abmildern.

Corona-Prämie für Pflegekräfte

SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag beschlossen, dass es 2022 einen neuen Corona-Bonus für Pflegekräfte geben wird. Sie sind in der Pandemie seit Monaten besonders gefordert. Die Höhe der Prämie wird maximal 3.000 Euro betragen. Die Umsetzung der Prämie wird eine der ersten Amtshandlungen des neuen Gesundheitsministers Karl Lauterbach sein. Das Gesetz dazu soll Anfang 2022 beschlossen werden, eine Auszahlung ist im ersten Quartal geplant.

Corona-Wirtschaftshilfen

Die Überbrückungshilfe III wird bis Ende März als Überbrückungshilfe IV fortgeführt. Auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der großen Unternehmen bei der Bewältigung der Pandemiefolgen helfen soll, läuft weiter bis Ende Juni.

Erhöhtes Kurzarbeitergeld

Auch im nächsten Jahr bekommen Beschäftigte, die länger als drei Monate auf Kurzarbeit sind, ein erhöhtes Kurzarbeitergeld. Es gibt weiterhin ab dem vierten Bezugsmonat statt wie üblich 60 Prozent des Lohns, 70 Prozent – Berufstätige mit Kindern erhalten 77 statt 67 Prozent. Ab dem siebten Monat Kurzarbeit werden weiterhin 80 beziehungsweise 87 Prozent des Lohns gezahlt. Profitieren sollen davon alle Beschäftigten, die bis Ende März 2021 in Kurzarbeit geschickt werden. Ziel ist es, durch längere Kurzarbeit eingetretene Einkommensverluste auszugleichen.

Erleichterter Zugang zum Kurzarbeitergeld

Firmen und Beschäftigte können wegen der andauernden Corona-Krise weiter erleichterten Zugang zu Kurzarbeit erhalten. Die maximale Bezugsdauer wird von 24 Monaten für weitere drei Monate bis zum 31. März 2022 verlängert. Das schafft Planungssicherheit für Unternehmen und Beschäftigte in der Pandemie.

Pflegebedürftige werden entlastet

Pflegebedürftige erhalten ab dem 1. Januar Zuschläge von den Pflegekassen, um von steigenden Zuzahlungen für die Pflege im Heim entlastet zu werden. Je länger der Aufenthalt im Pflegeheim, desto höher sind die Zuschläge. Damit wird verhindert, dass ein langer Aufenthalt in einem Pflegeheim zu einer starken finanziellen Belastung wird. Pflegebedürftige Menschen haben außerdem bis zu zehn Tage lang Anspruch auf eine Übergangspflege in der Klinik, wenn keine anderweitigen Ressourcen für die pflegerische Versorgung zur Verfügung stehen.

Weitere finanzielle Entlastungen im Bereich Pflege

Auch in weiteren Bereichen der Pflege gibt es ab dem 1. Januar mehr Geld. Der Leistungsbeitrag in der Kurzzeitpflege wird um zehn Prozent angehoben. Fünf Prozent mehr gibt es für die Pflegesachleistung ab Pflegegrad 2. Also für Hilfsmaßnahmen bei der Ernährung, Körperpflege und Mobilität, aber auch der häuslichen Versorgung des Pflegedienstes. Außerdem gibt es ab 2022 einen Zuschuss zu den Pflege- und Ausbildungskosten. Er steigt mit der Dauer der Pflege kontinuierlich an – bis auf 70 Prozent ab dem vierten Jahr.

Impfpflicht in Klinik und Pflege

Ab 15. März gilt eine Impfpflicht gegen Corona für Beschäftigte etwa in Kliniken, Pflegeheimen, Arzt- und Zahnarztpraxen, Reha-Kliniken, Geburtshäusern oder auch bei Rettungsdiensten. Sie müssen dann einen Nachweis vorlegen, dass sie vollständig geimpft oder genesen sind oder ein Attest, dass sie nicht geimpft werden können. Passiert das nicht, muss der Arbeitgeber das Gesundheitsamt informieren. Das kann verbieten, ungeimpft die Arbeitsstelle zu betreten. Auch die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers entfällt.

Digitale Krankschreibung

Schluss mit der Zettelwirtschaft. Zum 1. Januar werden die elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für Arztpraxen zur Pflicht. Damit werden die Krankschreibungen direkt digital von der Arztpraxis an die Krankenkassen übermittelt. Ab Juli muss dann auch beim Arbeitgeber kein „gelber Zettel“ mehr abgegeben werden. Auch er erfährt dann direkt von der Arztpraxis über die Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters.

Mehr Wohngeld für 640.000 Haushalte

Das Wohngeld wird zum 1. Januar erstmals automatisch erhöht und danach alle zwei Jahre entsprechend der Miet- und Einkommensentwicklung angepasst. Dadurch können viele einkommensschwache Haushalte weiter Wohngeld beziehen, die sonst aufgrund von Einkommenssteigerungen möglicherweise keinen Anspruch mehr gehabt hätten.

Mehr Unterhalt für Trennungskinder

Zum neuen Jahr steht Trennungskindern mehr Unterhalt zu. Der Mindestunterhalt beträgt ab dem 1. Januar für Kinder von einem bis fünf Jahren 396 Euro pro Monat, ein Plus von drei Euro. Für Kinder von sechs bis elf sind es 455 Euro und damit vier Euro mehr. Für Kinder von 12 bis 17 Jahren sind es fünf Euro mehr (533 Euro).

Kündigungsbutton für Online-Verträge

Am Telefon aufgeschwatzte Verträge oder überlange Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen – davor schützt die Bundesregierung die Verbraucherinnen und Verbraucher künftig besser. Wer einen Vertrag im Internet schließt, kann ihn bald einfacher kündigen. Zum 1. Juli gilt für sogenannte Dauerschuldverhältnisse die Pflicht zu einem Kündigungsbutton, mit dem Verbraucher:innen ihre Verträge ohne großes Suchen und Briefeschreiben wieder loswerden können.

Leichter reklamieren

Wer ein Produkt kauft, das sich später als mangelhaft herausstellt, hat ab 2022 unter Umständen bessere Karten. Möglich macht dies die Erweiterung des Gewährleistungsrechtes: Die gesetzliche Vermutung, dass ein Mangel bereits beim Kauf vorlag, wird von sechs Monaten auf ein Jahr ausgedehnt.

Pfandpflicht für Einwegflaschen aus Plastik

Zum 1. Januar wird die Pfandpflicht für Getränke in Plastikflaschen ausgeweitet. Waren bisher etwa Frucht- und Gemüsesäfte vom Einweg-Pfand von 25 Cent ausgenommen, gilt dieser künftig auch für sie. Auch Getränkedosen werden ohne Ausnahme pfandpflichtig.

Verbot von Plastiktüten

Ab dem 1. Januar dürfen an den deutschen Ladenkassen keine leichten Einkaufstüten aus Plastik mehr angeboten werden. Ausgenommen sind besonders stabile Mehrweg-Tüten sowie die dünnen Plastikbeutel, die man etwa am Obst- und Gemüsestand findet.

Rücknahme von Elektromüll

Je nach Ladengröße und Sortiment müssen Discounter und Supermärkte künftig alte Elektrogeräte wie elektrische Zahnbürsten oder Handys annehmen. Geschäfte müssen zum Beispiel kleine Geräte wie den ausgedienten Taschenrechner oder einen alten Rasierer auch annehmen, wenn sie anderswo gekauft wurden. Größere Geräte wie alte Fernseher können jedoch nur abgegeben werden, wenn ein neues Gerät gekauft wird. Auch Online-Händler müssen den Elektroschrott kostenlos und unkompliziert zurücknehmen und recyceln.

Gesündere Tattoos

Vom 4. Januar an unterliegen viele Chemikalien in Tattoo-Farben in der gesamten EU den Beschränkungen durch die sogenannte REACH-Verordnung. Auf der Bannliste stehen dann Tausende Substanzen. Viele von ihnen sind aus Sicht der EU potenziell gefährlich oder nicht ausreichend erforscht. 2020 wurde das Verbot beschlossen, jetzt läuft die Übergangszeit aus. Das Ziel ist laut der EU-Kommission nicht, Tätowierungen grundsätzlich zu verbieten. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) betont, es gehe darum, „Tätowierfarben und Permanent Make-up sicherer zu machen“.

Fahrkarten im Zug

Kurzentschlossene können bei der Deutschen Bahn ab 1. Januar keine Papierfahrkarten mehr im Zug beim Personal kaufen. Die Alternative: ein digitales Ticket, das bis zehn Minuten nach Abfahrt auf bahn.de oder per App gebucht werden kann.

Führerschein: Erste Umtauschfrist läuft ab

Viele Städte rechnen in den nächsten Wochen mit einem Ansturm von Bürger:innen, die ihre alten Führerscheine in neue Karten umtauschen lassen möchten. Für diejenigen, die einen Führerschein besitzen und zwischen 1953 und 1958 geboren sind, endet die Frist am 19. Januar. Doch wenige Wochen vor Ablauf haben sich noch längst nicht alle Betroffenen darum gekümmert, wie eine Umfrage ergab. Wer die Frist verstreichen lässt, riskiert ein Verwarngeld von zehn Euro. Bis 2033 müssen alle Führerscheine, die vor 2013 ausgestellt wurden, in ein EU-einheitliches Dokument umgetauscht werden. Der neue EU-Führerschein hat eine Gültigkeitsdauer von 15 Jahren.

CO2-Preis

2022 steigt der CO2-Preis, um den Klimaschutz attraktiver zu machen. Statt 25 Euro je Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid sind dann 30 Euro fällig. Das wirkt sich unter anderem auf Kraftstoffpreise aus – allerdings nicht so stark wie Anfang 2021. Nach Berechnungen des ADAC dürften sich Benzin und Diesel durch den CO2-Preis nun ungefähr um je eineinhalb Cent verteuern. Nicht absehbar ist die Entwicklung der Rohölpreise, die maßgeblich die Tank- und Heizölkosten für Verbraucher bestimmen.

EEG-Umlage sinkt deutlich

Anders ist die Situation beim Strom. Hier sinkt die Umlage zur Finanzierung des Ökostroms (EEG-Umlage) zum 1. Januar deutlich. Und zwar von 6,5 Cent auf 3,72 Cent pro Kilowattstunde – also um mehr als 40 Prozent. Das ist der niedrigste Stand seit zehn Jahren.

Tabaksteuer

Am 1. Januar gibt es erstmals seit sieben Jahren wieder eine Tabaksteuererhöhung in der Bundesrepublik. In Deutschland steigt die Steuer für eine Packung mit 20 Zigaretten im neuen Jahr um durchschnittlich 10 Cent. 2023 werden weitere 10 Cent aufgeschlagen, in den Jahren 2025 und 2026 kommen noch einmal jeweils 15 Cent pro Packung hinzu. Ab dem 1. Juli unterliegen dann auch erstmals die Substanzen für E-Zigaretten der Tabakbesteuerung. Für ein 10-Milliliter-Liquid, das aktuell grob gesagt 5 Euro kostet, soll 2022 1,60 Euro mehr Steuern anfallen, bis 2026 soll dieser Wert auf 3,20 Euro steigen. Auch Tabak für Wasserpfeifen wird künftig deutlich höher besteuert.

Das Kükentöten endet – endlich

Das millionenfache Kükentöten in der Legehennenhaltung wird im neuen Jahr ein Ende haben. Bisher wurden in deutschen Brütereien jährlich fast 45 Millionen männliche Küken getötet, da sie weder für die Eierproduktion noch als Masthühner nutzbar sind. Ab dem 1. Januar ist das verboten. Damit ist Deutschland weltweit das erste Land, das diese Praxis verbietet.

Quelle: spd.de