Keine „Wild-West-Digitalisierung“ und kein „digitaler Totalitarismus“. Andrea Nahles will dem amerikanischen Weg auf der einen und dem chinesischen Modell auf der anderen Seite eine europäische Antwort für die Zukunft der Internet-Ökonomie entgegenstellen. Ein Baustein: Internetgiganten sollen die alleinige Macht über die Daten abgeben.
Grundlegend verändert die Digitalisierung in der Wirtschaft Wertschöpfungsketten, Produktionsmittel und umgeht auch Regeln des Arbeitsrechts. Die Folge: Wenige Großunternehmen kontrollieren den Rohstoff der Zukunft – die Daten. Machtkonzentration, Monopolbildung und weniger Innovationen, weil kleine Unternehmen mit guten Ideen auf diesen Rohstoff nicht zugreifen können. Und die so genannte Share-Economyschafft zusätzlich unsichere und schlecht bezahlte Jobs zulasten der Beschäftigten und anderen Dienstleistern. Beispiel: die Fahrdienstleister-Plattform Uber.
Die SPD will dafür sorgen, dass die technische Entwicklung nicht die solidarische Marktwirtschaft überrollt. Auf einer SPD-Impulsveranstaltung im Berliner Willy-Brandt-Haus forderte Parteichefin Andrea Nahles am Donnerstag, die Daten-Monopole der Tech-Riesen zu knacken. Ihr Vorschlag: Ein „Daten-für-Alle-Gesetz“: Demnach müssten Unternehmen, die eine bestimmte Größe erreicht haben, einen anonymisierten und repräsentativen Teil ihres Datenschatzes öffentlich zugänglich machen. Andere Unternehmen und Start-Ups könnten die geteilten Daten dann ebenfalls nutzen, um neue Produkte zu entwickeln und damit an den Markt zu gehen: Mehr Wettbewerb, bessere Produkte und günstigere Preise für die Verbraucherinnen und Verbraucher. „Gebt die Daten frei, das ist die Devise“, so die Parteichefin.
Scholz: Plattform-Genossenschaften als Chance
Auf einen anderen Trend der digitalen Wirtschaft wies zuvor der Autor, Aktivist und Wissenschaftler Trebor Scholz hin. Plattform-Unternehmen wie Uber beispielsweise vermitteln zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern – und verdienen damit viel Geld. Gleichzeitig unterlaufen sie aber meist jeglichen Arbeitsschutz, beuten also ein Heer von Scheinselbständigen aus. Scholz schlägt daher die Anwendung eines ebenso alten wie erfolgreichen Prinzips an: die Plattform-Genossenschaften.
In der Form organisiert kann der Plattform-Kooperativismus, wie er ihn auch nennt, als kollektives Eigentum von Nutzerinnen und Nutzern sowie von den Beschäftigten für deutlich bessere Arbeitsbedingungen sorgen. „Es geht um die Vorstellung eines Lebens, dessen Mittelpunkt nicht das Shareholder-Value-Unternehmen ist, sondern das solidarische Miteinander der Menschen“, so Scholz.