Arbeitsminister Hubertus Heil räumt wie angekündigt in der Fleischbranche auf. Das Bundeskabinett hat die geplanten schärferen Regeln für die Fleischindustrie auf den Weg gebracht. Bald werden Werkverträge verboten und Arbeitszeitverstöße strenger geahndet. „Wir schützen die Beschäftigten und beenden die Verantwortungslosigkeit in Teilen der Fleischindustrie“, so der Arbeitsminister.
Nicht zuletzt die Häufung von Corona-Fällen in verschiedenen Fleischbetrieben hat den Fokus auf die in der Fleischbranche herrschenden menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen gerichtet. Die Beschäftigten wurden in der Pandemie mutwillig einem erheblichen Gesundheitsrisiko ausgesetzt.
Ende Mai kündigte der Arbeitsminister an, diese Form des rücksichtslosen Wirtschaftens nicht mehr zu akzeptieren. Nun hat das Kabinett ein „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft“ beschlossen. Geplant sind verschiedene gesetzliche Regelungen, wie ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischindustrie ab dem kommenden Jahr, schärfere Kontrollen und höhere Bußgelder bei Verstößen gegen Arbeitszeitvorschriften.
„Dass die Arbeitsbedingungen und die Unterkünfte der Arbeiter in der Fleischindustrie oft unterirdisch sind, war in den letzten Wochen unübersehbar – und nicht länger hinnehmbar“, sagte Heil. „16-Stunden-Tage und beengtes Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften akzeptieren wir nicht länger.“ Gezielte Kontrolle und klare Verhältnisse seien das Gebot der Stunde. Der Arbeitsminister weiter: „Deshalb werden wir den Missbrauch von Werkverträgen beenden, mehr Kontrollen und höhere Bußgelder einführen, Arbeitszeit elektronisch erfassen lassen und auch branchenübergreifend Standards für die Unterkünfte festlegen.“
Darum geht´s
- Es kann nicht sein, dass Menschen aus Mittel- und Osteuropa in Deutschland ausgebeutet werden, damit skrupellose Firmen milliardenschwere Gewinne einfahren.
- In der Fleischbranche wurden gesetzliche Regelungen immer wieder trickreich umgangen. Eine Wurzel des Übels ist der massive Einsatz von Werkverträgen, bis zu 80 Prozent der Beschäftigten werden so beschäftigt. In den Fleischfabriken hat sich ein schwer durchschaubares Subsubunternehmertum entwickelt.
- Ab Januar wird es diese Konstrukte nicht mehr geben. Arbeitsminister Hubertus Heil wird Werkverträge und Leiharbeit in dieser Branche verbieten. Beim Schlachten, Zerlegen und in der Fleischverarbeitung dürfen Großbetriebe ab 2021 nur noch eigene Beschäftigte einsetzen. Bei Verstößen drohen Bußgelder. Ausgenommen von dem Verbot sind Unternehmen des Fleischerhandwerks mit bis zu 49 Beschäftigten.
- Außerdem wird die digitale Erfassung der Arbeitszeit vorgeschrieben, um Kontrollen zu erleichtern. Auch da wurde viel getrickst.
- Die Arbeitsschutzbehörden und der Zoll werden scharf kontrollieren. Sie werden häufiger prüfen, unter welchen Bedingungen gearbeitet wird, in was für Unterkünften die Beschäftigten wohnen, ob Transporte zur Arbeit so organisiert werden, dass sich nicht zwangsläufig alle mit dem Coronavirus anstecken.
- Viele Bundesländer haben den Arbeitsschutz kleingespart. Damit sie wieder mehr Personal einstellen, wird der Arbeitsminister vorschreiben, wie oft Betriebe geprüft werden müssen.
Heil: „Wir schützen die Beschäftigten“
„Wir sorgen so dafür, dass die Arbeitgeber wieder unmittelbare Verantwortung für ihre Leute haben – und sich nicht hinter Sub-Konstruktionen wegducken können“, fasst der Arbeitsminister zusammen. „Wir schützen die Beschäftigten und beenden die Verantwortungslosigkeit in Teilen der Fleischindustrie.“
Gewerkschaft begrüßt Verbot von Werkverträgen als Meilenstein
Unterstützung kommt von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Die geplante Neuregelung sei ein „historischen Gesetzentwurf“. Der stellvertretende NGG-Bundesvorsitzende Freddy Adjan sagte: „Wir erwarten, dass der Kabinettsbeschluss, der, um auch das letzte Schlupfloch zu schließen, in Feinheiten im Gesetzgebungsverfahren nachgeschliffen werden muss, ohne Abstriche vom Bundestag beschlossen und Gesetz wird.“
Nach dem Kabinettsbeschluss muss das Gesetz noch durch Bundestag und Bundesrat.
Quelle: spd.de